Vor der Franchise-Gründung: So wichtig ist ein Unternehmer-Praktikum im Franchising

Wie kann ein Unternehmer-Praktikum helfen, die Selbstständigkeit realistisch einzuschätzen? Der Artikel zeigt, warum praktische Einblicke vor der Vertragsunterzeichnung wertvoll sind, welche Herausforderungen dabei bestehen und wie Franchise-Systeme wie McDonald’s solche Programme umsetzen.

Vor der Franchise-Gründung: So wichtig ist ein Unternehmer-Praktikum im Franchising

Ein Praktikum dient der Vertiefung von Berufskenntnissen – soweit dürfte das den meisten Menschen bereits seit den ersten Schülerpraktika bekannt sein. Doch was ist ein Unternehmer-Praktikum? Und welchen besonderen Sinn macht ein solches noch vor der Vertragsunterzeichnung mit einem Franchise-System? Das möchte ich in diesem Artikel ein wenig mehr beleuchten. Herr Blaufuß von McDonald’s Deutschland war zudem so freundlich Ihnen und mir Einblick in die „Unternehmer-Praktika“ bei McDonald’s zu gewähren.

Was ist ein Unternehmer-Praktikum?

Man googelt und staunt, denn man findet hierzu recht wenige Informationen im Netz. Erstaunlich, wie ich finde, denn ist ein Unternehmer-Praktikum nicht ideal, um herauszufinden, ob das selbstständige arbeiten wirklich für einen in Frage kommt? Denn sind wir mal ehrlich: Der Traum vom eigenen Café beinhaltet eher selten das Warenwirtschaftssystem, oder die Vorstellung eines eigenen Feinkost-Geschäfts die Buchhaltung. Und doch sind es elementare Teile einer beruflichen Selbstständigkeit und weder im Aufwand noch in der Bedeutung zu unterschätzen.

Ein Unternehmer-Praktikum kann also durchaus sinnvoll sein. Als klassischer Existenzgründer sollte man idealerweise Unternehmen ansprechen, die zwar in der gleichen, übergeordneten Branche tätig sind, bei denen man aber nicht Gefahr läuft direkter Konkurrent zu sein beziehungsweise zu werden. Denn dann stehen die Chancen für ein solches Unternehmer-Praktikum natürlich schlecht. Ergänzen sich die Geschäftskonzepte jedoch (also das des angehenden Gründers und das, der Praktikumsstelle), dann kann dies sogar ein erster Schritt für spätere Kooperationen sein.

Das Unternehmer-Praktikum – in Deutschland unterrepräsentiert

Leider ist diese Auffassung in Deutschland wohl noch nicht sehr weit verbreitet, findet auch Andreas C. Fürsattel, geschäftsführender Gesellschafter bei der BEIGROUP GmbH Business Education International. Am Telefon verriet er mir, dass Unternehmer-Praktika in unserer Gesellschaft seiner Erfahrung nach aktuell so gut wie nicht stattfinden. Sie würden auf der einen Seite viel zu selten angeboten und auf der anderen Seite auch wenig nachgefragt. Das könnte eine Mentalitätsfrage der Deutschen sein, so Fürsattel. Da wäre es doch wünschenswert und hilfreich, wenn so etwas institutionalisiert angeboten werden könnte, so sein Gedanke. Die Idee finde ich auch gut – so könnte man mehr Aufmerksamkeit auf das Thema lenken und Unternehmer hierfür sensibilisieren.

Im Franchising ist ein Unternehmer-Praktikum bzw. die Hospitation in einem Franchise-Betrieb durchaus nicht unüblich. Jedoch zu unterschiedlichen Konditionen und häufig erst nach Vertragsabschluss – was dem klassischen Bild eines Praktikums eher widerspricht. Laut Fürsattel geht es dabei natürlich darum, das operative Geschäft zu lernen und das geschehe nun mal erst nach dem Vertragsabschluss zwischen Franchise-Geber und Franchise-Nehmer.

Lernen Sie das Franchise-System in der Praxis kennen

Sobald klar ist, welches Franchise-System Sie wirklich interessiert und klar ist, dass eine Partnerschaft konkret in Erwägung gezogen wird, liegt der Gedanke nahe, ein Unternehmer-Praktikum zu absolvieren. Logisch erscheinen hier eigentlich gleich zwei Praktika: eines in einem Franchise-Betrieb eines Franchise-Nehmers und eines in der Franchise-Zentrale selbst. Doch beides ist bei den meisten Systemen leichter gesagt, als getan.

Relevant ist hier der Zeitpunkt in der Anbahnung der Franchise-Partnerschaft. Durchaus üblich ist ein „Unternehmer-Praktikum“ nach der Vertragsunterzeichnung – dann spricht man jedoch eher von Training on the Job oder auch der Hospitation. Meist ist dies weniger ein Praktikum, sondern bereits Teil des Trainings und der Ausbildung des neuen Franchise-Partners. Dieter Ahlert und Heiner Evanschitzky beschreiben dies in ihrem Buch "Dienstleistungsnetzwerke - Management, Erfolgsfaktoren und Benchmarks im internationalen Vergleich" so:

"Beispielsweise besteht in vielen Franchisesystemen die Möglichkeit, dass neue Franchisenehmer bei erfahrenen Franchisenehmern hospitieren, um den täglichen Arbeitsablauf in einem Franchisebetrieb kennen zu lernen. Hierdurch reduziert sich der Bedarf an Schulungen durch den Franchisegeber."

Doch warum haben die meisten Franchise-Systeme etwas gegen Unternehmer-Praktika vor der Vertragsunterzeichnung? Wer Franchising ein wenig kennt, weiß: das höchste Gut eines Franchise-Systems ist die Marke und das Know-how. Und letzteres ist bei Praktika in Gefahr: Wenn ein Franchise-System jedem Menschen Tür und Tor öffnet und (zu) tiefe Einblicke gewährt, bringt es sich selbst und seine Franchise-Nehmer in Bedrängnis. Schließlich könnte man auf diese Art und Weise leicht ausspioniert und kopiert werden.

Wichtig ist also, dass solche Unternehmer-Praktika im Franchising gut organisiert und geregelt werden. Hier wäre für manches Franchise-System vielleicht eine Art Vorvertrag denkbar, in dem der PraktikantIn sich verpflichtet, das gewonnene Wissen nicht anderweitig zu nutzen. Inwiefern dies realistisch und praktikabel ist, müsste ein Anwalt einschätzen.

Fakt ist, dass Hospitationen in Franchise-Systemen im Franchise-Vertrag geregelt werden sollten. Hier sind unter anderem die Dauer und die evtl. Entlohnung (eher unüblich) festzulegen. In einem unserer Chats sagte Frau Waltraud Martius von SYNCON International Franchise Consultants einmal, dass auch die Franchise-Nehmer, in deren Betrieben neue Partner hospitieren sollen, genau instruiert werden müssen. Abschließend sollten sie zudem eine Bewertung zum angehenden neuen Partner abgeben.

Unternehmer-Praktikum bei McDonald’s: On the Job Experience

Holger Blaufuß ist Senior Manager Franchise bei McDonald’s Deutschland LLC und hat uns freundlicher Weise einen kleinen Einblick in die sogenannte „On the Job Experience“ bei dem Burger-Giganten gewährt. Bei McDonald’s ist dies fester Bestandteil der Anbahnung der Franchise-Partnerschaft und findet somit vor der Vertragsunterzeichnung statt – eine tolle Sache, wie ich finde:

„In der Tat ist es bei McDonald’s so, dass jeder Franchise-Bewerber nach dem erfolgreichen Erstgespräch ein „On the Job Experience“, unser 30 Stunden Einführungsprogramm, in einem McDonald’s Restaurant absolviert.

Im Verlauf dieser drei aufeinanderfolgenden Tage wollen wir zum einen dem Franchise-Bewerber die Möglichkeit geben, ein McDonald’s Restaurant hinter den Kulissen kennenzulernen, welche einzelnen Bereiche gibt es in einem McDonald’s Restaurant und in verschiedenen Gesprächsrunden geben wir weitere Informationen zu unserem Franchise-Konzept.

Auf der anderen Seite bietet dieses Einführungsprogramm McDonald’s die Möglichkeit, den Bewerber besser kennenzulernen, wie verhält er sich im Team, wie ist die Belastbarkeit oder auch wie ist die Auffassungsgabe.

Im Anschluss an diese drei Tage geben sowohl der Bewerber als auch alle Gesprächsteilnehmer ein Feedback. Anhand der Auswertungen wird dann die Entscheidung getroffen ob es mit dem Bewerber im Prozess weitergeht oder nicht. Durch diesen Prozess sind viele Meinungsträger in den Auswahlprozess involviert.“

Fazit

Ich bin überzeugt davon, dass Unternehmer-Praktika (ob im Franchising oder nicht) sinnvoll sind und gleichzeitig noch zu wenig stattfinden. Doch gilt hier auch wie in viele anderen Bereichen: Nachfrage schafft Angebote! Also nicht schüchtern sein und bei dem Franchise-System, dass Sie ernsthaft für Ihre Gründung in Erwägung ziehen, in den ersten Gesprächen nach entsprechenden Möglichkeiten fragen. Einige Systeme bieten durchaus bereits Praktika oder ähnliche Optionen zum „Reinschnuppern“ an. Also: nur Mut zum Unternehmer-Praktikum! :-)

Expertenstimme von Steffen Kessler




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