Autor: Eugen Marquard
Zuletzt aktualisiert am: 28.11.2017
Es gibt ein Ende. Ihre Entscheidung sich im Rahmen einer Franchisepartnerschaft selbständig zu machen, ist keine Entscheidung fürs ganze Leben. Sie und Ihr Franchisegeber sind Lebensabschnittsgefährten. Ihre Wege werden sich trennen – nach der vereinbarten Zeit oder zwischendurch.
Wie lange bleiben Franchise-Partner im Schnitt in einem Franchise-System?
Eine franchisesystemübergreifend geführte Statistik über die durchschnittliche Verweildauer von Franchisepartnern in ihren jeweiligen Systemen ist mir nicht bekannt. Nach meiner Erfahrung gibt es eine kleine Gruppe von Franchisepartnern, die innerhalb der ersten drei Jahre wieder aufhören. In diesen Fällen ist meistens etwas vollkommen schief gelaufen. Eine zweite Aussteigergruppe nutzt das Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit, meistens 5 oder 10 Jahre. Danach orientieren sich die Franchisepartner beruflich noch einmal völlig neu. Zur dritten Gruppe gehören Franchisepartner, die ihren Franchisevertrag bereits zumindest einmal verlängert haben, bevor sie ihr System während der zweiten oder einer späteren Vertragslaufzeit verlassen. Diese Franchisepartner streben für die Zeit danach häufig die Verwirklichung persönlicher Projekte an.
Wann auch immer Sie Ihr Franchisesystem verlassen möchten – Sie brauchen Zeit für diesen Prozess! Warum? Weil Sie als Unternehmer Verpflichtungen eingegangen sind, die Sie nicht einfach so nicht erfüllen können. Weil Sie parallel zum Ende Ihrer Franchisepartnerschaft neue berufliche und/oder persönliche Perspektiven aufbauen sollten. Weil Sie einen Unternehmensnachfolger suchen, der bereit ist, Ihnen Ihr Geschäft zu einem guten Preis abzukaufen.
Berufliche Veränderungen sind normal!
Sie erzielen einen umso höheren Kaufpreis für Ihr Unternehmen, je überzeugender Sie dem Kaufinteressenten vermitteln können, dass Sie selbst mit Ihrem Geschäft und Ihrer Franchisepartnerschaft zufrieden sind und es zugleich jetzt sinnvoll für Sie ist, das System zu verlassen.
Malen Sie sich den Augenblick der Verhandlung mit Ihrem Unternehmensnachfolger in Ihrer Phantasie aus. Am besten schon viele Jahre zuvor. Das wird Ihnen interessante Perspektiven und Fragen bringen, nämlich das Veränderungen auch oder gerade in einem Unternehmerleben normal sind (auch Ihr Nachfolger verändert sich ja).
Oder:
- Wann möchten Sie eigentlich Ihre Franchisepartnerschaft beenden?
- Wie sieht denn Ihre Lebensplanung überhaupt aus?
- Haben Sie ein Bild für Ihre Zeit nach dem Ende Ihrer Franchisepartnerschaft?
Ihre Entscheidung sich selbständig zu machen war weitreichend. Aber auch künftig werden noch große Entscheidungen zu treffen sein, oder? Mit diesen Überlegungen beginnt sich der Ausstieg aus Ihrem Franchisesystem irgendwie normal anzufühlen.
Gute Gründe für das Aufhören
Nach meiner Erfahrung enden manche Franchisepartnerschaften mit großer Aufregung und Unzufriedenheit sowohl beim Franchisepartner als auch beim Franchisegeber. Gegenseitige Beschuldigungen, schwere Missverständnisse, enttäuschte Erwartungen. Der Zauber des Anfangs endet manchmal sogar vor Gericht. Wie immer es zu dieser verfahrenen Situation kam – ich habe noch keinen Franchisepartner erlebt, dem sie Freude bereitet hätte und erst recht keinen, bei dem sich die geschäftliche Situation in dieser Phase verbessert hat.
Wie bekommt man also einen guten Ausstieg hin? Nun, wesentlich für ein Franchisesystem ist eine klare Definition von Standards und Prozessen. Diese sollte Ihr Franchisegeber auch für den Fall des Ausstiegs eines Franchisepartners mit dazugehöriger Unternehmensnachfolge erarbeitet haben – häufig bezeichnet als „Transferprozess“. Darin wird zum Beispiel geregelt, ob und wie Mitarbeiter, Kundenbeziehungen, Vermieter, Lieferanten usw. vom Nachfolger übernommen werden.
Die einzelnen Schritte des Transferprozesses und Ihre Rolle als Franchisepartner darin sollte Ihr Franchisegeber Ihnen in einem Gespräch erläutern. Selbst dann, wenn Sie noch gar nicht sicher sind, ob Sie das System verlassen möchten. Am besten schon zu Beginn des letzten Drittels der Vertragslaufzeit. Denkbar ist auch, dass der Franchisegeber für die erfahrenen Franchisepartner verbindlich einen Workshop „Unternehmensnachfolge“ in seinem Schulungsprogramm installiert.
Egal, welche Beweggründe Sie als Franchisepartner letztlich haben, das System zu verlassen – für Ihr Leben sind es gute und gewichtige Gründe. Es erleichtert den Transferprozess, wenn Ihr Franchisegeber das so anerkennt.
Aber: Ihre guten Gründe führen nicht automatisch dazu, dass Ihr Ausstieg so verläuft, wie Sie ihn sich vorstellen. Auch Ihr Franchisegeber hat ja seine guten Gründe, wie er sich Ihren Ausstieg vorstellt. Für ihn zählt meistens vor allem der Erhalt des Standorts für sein System und die Kontinuität der Kundenbeziehungen.
Daraus folgt ein No-Go für Franchisepartner, die im Guten das System verlassen möchten: am selben Standort mit demselben Geschäftsmodell, womöglich noch mit ähnlichem Corporate Design aber ohne Franchisepartnerschaft weitermachen. Mit dieser Strategie fordern Sie garantiert sämtliche Energien Ihres Franchisegebers heraus, um mit aller Härte gegen Sie vorzugehen. Ihr Franchisegeber sieht kumuliert an Ihrem Geschäftsstandort die Existenz seines gesamten Systems in Gefahr. Er hat allen Franchisepartnern vertraglich zugesichert, Schaden von der Marke abzuwenden. Ihr Franchisegeber hat Druck und bei Missachtung dieses No-Go’s ist der Spaß für ihn vorbei.
Unzufriedene Franchisepartner mit Ausstiegswunsch fangen manchmal einfach schon mal an, die monatlichen Franchisegebühren nicht mehr zu bezahlen. Das ist ein zweites No-Go. Damit zielen sie mitten auf die zentrale Einnahmequelle Ihres Franchisegebers, die er für sich selbst und auch für Ihre Franchisepartner-Kollegen braucht. Damit scheitert ein halbwegs geordneter Transferprozess, noch bevor er überhaupt angefangen hat.
Abgesehen von diesen beiden No-Go’s – so meine Erfahrungen aus der Begleitung zahlreicher Transferprozesse – ist ein Franchisegeber bei der Gestaltung des Ausstiegs eines Franchisepartners flexibel und fair. Schließlich haben Sie jahrelang gemeinsam unter derselben Marke zusammengearbeitet. Wenn die Beteiligten es trotz guten Willens alleine nicht hinbekommen, zieht man einen gemeinsam bezahlten Mediator hinzu.
In denjenigen Fällen, wo Ihre Überlegungen zum Ausstieg wesentlich durch schwere Krankheit oder einen Unfall von Ihnen oder eines Ihrer Familienmitglieder geprägt werden, haben Sie die Möglichkeit, sich mit dem Franchise hilft! Notfallfonds (www.franchise-hilft.com) in Verbindung zu setzen.
Zusammenfassung: Tipps für Ihren Ausstieg
Möchten Sie eines Tages alles in allem zufrieden auf die Zeit Ihrer Franchisepartnerschaft zurückblicken, sollten Sie ein gutes Ende für sie finden.
Hier zusammenfassend die wichtigsten Tipps dafür:
- Ihr gutes Ende als Franchisepartner beginnt lange vor Ihrem Ausstieg.
- Konzentrieren Sie sich auf Ihren Ausstieg und lassen Sie sich nicht von negativen Stimmungen einiger Franchisepartner-Kollegen beeinflussen.
- Der Blick auf das Ende Ihres Franchisevertrags ist ein Blick in die Vergangenheit. Schauen Sie auch auf die Anfänge Ihrer nächsten Herausforderung.
- Seien Sie dankbar! Jawohl! Selbst wenn ganz vieles anders verlaufen ist, als Sie dachten: war Ihr Franchisesystem nicht auch eine gute Unternehmerschule für Sie?
- Beachten Sie die genannten No-Go’s Ihres Franchisegebers.
- Ihr Nachfolger kauft Ihr Geschäft am liebsten von einem lächelnden Inhaber.
- Für Ihren gelingenden Ausstieg sind Sie und Ihr Franchisegeber zu je 100% verantwortlich.
Nicht zuletzt: ein guter Ausstieg braucht Zeit. Wie so häufig im Leben ist die Gestaltung einer Schlussphase wahre Kunst. Häufig braucht es mehr Zeit, als Sie für die ursprüngliche Entscheidung für Ihr Franchisesystem benötigten.
Unternehmen Selbständigkeit (www.unternehmen-selbständigkeit.de) ist als Unternehmensberatung spezialisiert auf die Bedürfnisse von Franchisesystemen. Im Laufe von über 15 Jahren haben wir schon einige Transferprozesse definiert und Transfers für alle Beteiligten erfolgreich begleitet. Nervenschonend war das nie. Freude gemacht hat es fast immer.